„Egg oder facebook?“ Touri in Egg seit 60 Jahren
Wäre ich auf facebook, hätte ich in diesem Augenblick kurz 3 Fotos geschossen: Eines mit der halben Wurst im mit Regenwasser vollgelaufenen Grill, eines mit der Ofenbank, auf der geschätzt 25 Menschen Platz gefunden haben, die Kinder auf dem Schoss, das Bier auf dem Ofen, und eines vom Dirigenten, der das Notenpult mit dem Ärmel seines weißen Hemdes trocken wischt. Wäre ich auf facebook würde ich diese 3 Fotos mit einem markigen Text (Platzkonzert beim Käsknöpfles-Tonele in Egg durch Platzregen ins Wasser gefallen) versenden (posten, Oma!). Wäre ich auf facebook, würde keiner meiner facebook-Freunde begreifen, was ich soeben erlebe. Sie wüssten nichts von der holzgetäfelten Decke, den umlaufenden Bänken, dem Kachelofen und dem in die Wand eingearbeiteten Buffet in der Gaststube vom Käsknöpfles-Tonele in Rain, sie wüssten nichts von der entspannten Gelassenheit der Egger, wie sie bei Windstärke 8, tief fliegenden Ästen und abhebenden Sonnenschirmen in den Gastraum kommen und die beiden einsam an einem großen Tisch sitzenden Touris fragen: „Ist hier noch frei?“ Sie wüssten nichts von der Wirtin, die die in ihrer Gaststube geretteten Menschen fragt: „Hont Ihr alles?“ und auf den Mangel an „Musi“ hingewiesen antwortet: “Senget!“ Sie wüssten nichts vom Lachen und Zusammenrücken der Menschen im Gastraum; keinem meiner facebook-Freunde könnte ich verständlich machen, wie dazugehörig ich mich diesen Menschen fühle, wie ich in ihre Gesichter schaue und überlege, wer wohl Sutterlüty, Feuerstein, Meusburger, Hammerer, Fetz oder Flatz heißt.
Wie dann die Egger Blasmusikkapelle im Büro des Wirts Platz findet, das Fenster öffnet, so dass die Lampe zwei Zentimeter über dem Kopf der Klarinettistin hin- und herpendelt, wie die Musiker ihre Notenständer vor dem laufenden PC aufklappen und „Musi“ machen wie versprochen, habe ich fast das Gefühl, als spielten sie zu meinem Jubiläum: Egger Touri seit 60 Jahren.
Barfüßig zur Schule laufende Kinder in den 50er-Jahren, aufrechte Kirchgängerinnen in Tracht, Holzhäuser, die nach Heu und Käsesuppe riechen, Heimatabende mit den Bregenzer Wälder Dorfmusikanten, vom Heuwagen fallen, in der Subers-Ach baden, Nusshörnle, T(D)opfentaschen, Kümmelpärle, die herzliche Hilfsbereitschaft von Ulrich Sutterlüty, der viele Jahre lang unsere große Familie vom Bahnhof zum Quartier kutschiert hat, das Bähnle, die Hutfabrik, Ochsen und Löwen, überall Brunnen, überall Plätschern………bitte wie könnte ich das alles meinen facebook-Freunden beschreiben?
Ich bin nicht auf facebook. Aber immer wieder in Egg.
Vielen Dank an Barbara Gärtner für diesen tollen Beitrag.
Liebe Namensvetterin, das ist so eine wunderschöne Beschreibung über mein geliebtes Egg. Es hat mich sehr berührt. Ein herzliches 'Vergelt's Gott dafür!
Egg, ich komme wieder!!!